UA-106755003-1
zum 70. Geburtstag Home Portrait Werkbeschreibungen Werkliste Discographie Literatur Instrumentenentwicklung Videos Kontakt und Impressum
© GRILL MEDIEN 2015
Thomas Lauck – expansiver Geist, konzentrierter Musiker Die persönlichen Begegnungen mit dem am 15. Mai 1943 im elsässischen Straßburg geborenen Komponisten Thomas Lauck geben immer Aufschluss über seine außergewöhnliche Musiker- Biographie, vor allem aber künden sie von der enormen Vielschichtigkeit und dem erstaunlichen Assoziationsreichtum seiner künstlerischen Arbeit. Die oftmals berauschende Eloquenz, mit der er im Gespräch – immer wieder andere Wege nehmend, mitunter auch überraschende Volten schlagend – die gesamte abendländische Kulturgeschichte mit ihren wichtigen Hervorbringungen in Literatur, bildender Kunst und Musik durchmisst, die herzliche, ja fast überbordende Hingabe, mit der er auf die ihn umgebende Natur, auf Menschen und ihre Geschichte(n), auf die Kunst eigener und fremder Kulturen reagiert, bilden oberflächlich betrachtet durchaus einen Kontrast zu seiner Kunst, seiner Musik. Denn diese nimmt sich in hohem Maße zurück, lässt den Klang in äußerster Behutsamkeit aus der Stille entstehen, bietet jedem kompositorischen Detail allergrößte Aufmerksamkeit. Sie entfaltet das musikalische Geschehen mit allergrößter Ruhe, mitunter in geradezu meditativ gestimmter Gelassenheit. Lauck sublimiert die Aufregungen und die Dramen des äußeren Lebens in kleinste Gesten hinein, entwickelt daraus einen äußerst konzentrierten klanglichen Diskurs, in dem jeder Augenblick zählt, alles auf den Punkt gebracht ist. Entsprechend groß ist die Herausforderung für die mitgestaltenden Musiker, den wach die Musik mitvollziehenden Zuhörer. So expansiv der Geist Laucks sich im Gespräch immer wieder offenbart, so sehr fokussiert er mit seiner Musik auf die konzentrierte Geste, die kleine Form, den intimen Raum. Lauck bedient sich fast durchweg kleiner Besetzungen (so auch in seinen Schlagzeugkompositionen eines überschaubaren Instrumentariums) und er gestaltet seine Klanglandschaften für die kleinen Räume des heutigen Konzertlebens. Die Eroberung der Domänen großbesetzter Orchester- und Chormusik, raumgreifenden Musiktheaters standen für ihn nie im Vordergrund. Und damit ist er vielleicht auch als Vorreiter der auch bei jungen Komponisten verstärkt anzutreffenden Tendenz anzusehen, die unter immer größerem ökonomischen Legitimationsdruck stehenden und sich dadurch musealisierenden bzw. kulinarisierenden Programme großer Musikinstitutionen für die eigene künstlerische Arbeit eher „links liegen zu lassen”. Künstlerisch fällt das „Gelingen im Kleinen” schließlich nicht weniger ins Gewicht als das „Gelingen im Großen”, zumal letzteres allzu oft mit (der Kunst abträglichen) Konzessionen in aufführungspraktischer und ästhetischer Hinsicht verbunden ist. Wie fruchtbar solche künstlerische Arbeit „im kleinen Rahmen” sein kann, welch beglückender musikalischer Reichtum jenseits breit ausgetretener Pfade im Falle Laucks entstehen konnte, dokumentiert eine soeben beim Label telos music erschienene Box mit vier CDs (telos music TLS 170), auf der 23 seiner Werke in hervorragenden Einspielungen dokumentiert sind. Wahrnehmbar werden damit auch die über viele Jahre gewachsenen Beziehungen Laucks zu einer stetig wachsenden Schar hochkarätiger Musiker, darunter international erfolgreiche Musiker wie der Schlagzeuger Isao Nakamura, die Sopranistin Petra Hoffmann, der Pianist Jürg Henneberger, der Fagottist Wolfgang Rüdiger, der Posaunist Dirk Amrein, aber auch aufstrebende Talente wie die Cellistin Isabel Gehweiler, der Kontrabassist Aleksander Gabrys oder der Cembalist Bobby Mitchell. Zu Laucks 70. Geburtstag kam es im Baseler Tinguely-Museum am 28. und 29. Mai 2013 zu zwei Konzerten, die erstmals zwei neue Kompositionen zu Gehör brachten: "...der Augenblick I, II, III"  (2013), ein Duo für Sopran-/Baritonsaxophon und Kornett/Helikon mit jeweils sieben Schlaginstrumenten und "Meta-Obsession. Ein Versuch einer musikalischen Annäherung an Jean Tinguely" (2013) für zwei Musiker mit fünf Blechblasinstrumenten bzw. vier Saxophone. Die hier als Multi-Instrumentalisten auftretenden Interpreten sind Dirk Amrein und Remo Schnyder. Dirk Amrein gab darüber hinaus bereits am 26. Mai im Trompeter-Museum in Bad Säckingen einen Soloabend mit Werken von Thomas Lauck und seinem Lehrer Albert Mangelsdorff. Nach Voraufführungen in der Galerie des bildenden Künstlers Jürgen Brodwolf im vergangenen März kam es in diesem Rahmen zu den öffentlichen Uraufführungen zweier weiterer Werke aus der Werkstatt Laucks: das Jürgen Brodwolf gewidmete Solo für fünf Blechblasinstrumente (Piccolotrompete, Kornett, Bassflügelhorn, Posaune und Helikon) mit dem Titel "Obsession"  (2012), und "Pour les oiseaux" (2012) für Helikon. Michael Zwenzner